Peter Rosegger und der „Büchermann“

Peter Rosegger (1843 – 1918) war nicht nur ein großer Heimatdichter, sondern gilt als  begnadeter Erzähler, Humanist, Sozialkritiker, Vordenker und gemeinnütziger Stifter. Neben Jules Verne war Peter Rosegger mit 15 Millionen verkauften Büchern der meistgelesene Autor seiner Zeit. Seine Schriften wurden in 21 Sprachen übersetzt. 1913 und 1918 war er für den Literatur-Nobelpreis nominiert.

Die Buchhandlung Hauser im steirischen Kindberg ist das Elternhaus von Novalis-Geschäftsführer Bernhard Knabl. Sie wurde 1843 von Ludwig Hauser sen. gegründet und zuletzt seit 1967 von Herta Knabl geführt. Genau im Gründungsjahr 1843 wurde im nahe gelegenen Alpl der später berühmte Dichter Peter Rosegger geboren. Und das sollte nicht die einzige Verbindung bleiben. Der kleine „Waldbauernbub“ lernte den „Büchermann“ (wie er Ludwig Hauser sen. nannte) schon in jungen Jahren kennen und es entwickelte sich eine lebenslange, intensive Freundschaft.

Peter Rosegger

Der Maler und Chronist Hubert Pilch schrieb über die Verbindung des Dichters mit der Buchhandlung Hauser im Jahr 1932 folgenden Text in seinem Buch „Der Waldbauernbub Peter Rosegger durch Kindberg“:

 

Roseggers erste Bekanntschaft mit den Kindbergern stellte wohl der oft erwähnte „Büchermann“ her: sie fällt schon in die Zeit, in welcher Brotsack und Hirtenstab den Waldpoeten durch seine Kinderjahre begleiteten.

 

Alljährlich, wenn in Krieglach der Thomasmarkt abgehalten wurde, fand sich mit großer Pünktlichkeit der Kindberger „Büchermann“ ein, um vor dem „Löwenwirt“ seinen Krämerstand aufzuschlagen und den Marktbesuchern, die aus Bergen und Tälern zusammengekommen waren, Geschichtenbücher und Volkskalender zum Kaufe anzubieten.


Von niemandem mochte der Verkäufer wohl sehnsüchtiger erwartet sein als vom kleinen Waldbauernbüblein, das sich schon stundenlang auf dem Wege von Alpl nach Krieglach befand und das ja immer zahlreiche Wünsche nach den bedruckten Papieren hatte. Unterwegs fragte er sich schon, was er wohl heute mit seinen kleinen Ersparnissen, die er in einem Holzei in der Hosentasche sicher verwahrt hielt, werde erstehen können. Und als er durch die „surrenden Menschenmassen und zwischen den prangenden Buden“ sich dem Bücherstande näherte, lächelte ihm der „liebe Mann von Kindberg mit seinem weiten Lodenmantel und seinem grünen Steirerhut“ freundlich zu. Er zählte ja Peterl schon zu seinen Stammkunden und es dauerte oft ziemlich lange, bis beide hinsichtlich des Preises übereinkamen. Als einmal Peterl’s Trinkgeldeinnahmen gar zu mager waren und die klingenden Münzen das Holzei nur locker füllten, kaufte sich der kleine Bücherwurm Tinte und Papier, um selbst einen Volkskalender zu schreiben.


Um doch neuen Lesestoff zu erwerben, konnte er nicht immer bis zum nächsten Thomasmarkt warten. Er faßte daher den Entschluß, nach der Bücherquelle des Kindberger „Büchermannes“ zu forschen. Und um dorthin zu gelangen, machte er sich einer Tages gar zeitlich auf die Reise und trat den Weg nach Kindberg an. Man bedenke, daß der Weg von Alpl nach Krieglach für den Jungen wohl 3 bis 4 Stunden, von Krieglach nach Kindberg wieder 2 bis 3 Stunden beanspruchte und daß dieser Weg auch wieder zurück gemacht werden mußte. Beinahe hätte ihm vor Erreichung des Zieles der Wartbergerkogel den Weg verlegt, doch auch dieses Hindernis wurde überwunden, schon sah er die Spitze des Kirchturms aus dem Morgengrau grüßen, und als die ersten Strahlen der Frühsonne die frischen Wangen des Alplers streichelten, durchzog er die Häuserreihen von Kindberg. Gleich begann er die an den Häusern angebrachten Tafeln mit den verschiedenen Namen der Handwerker zu studieren und plötzlich las er bei einem Hause mit großem Walmdach oberhalb einer Geschäftseingangstür: „Ludwig Hauser – Buchbinder“. Hier also ist der Lieferant seiner geistigen Nahrung zu finden, den er auch schon durchs Schaufenster im Geschäftsladen bei den Büchern herummustern sah. 

 

Kurz entschlossen, betrat Peterl über ein paar Stufen das gewölbte Verkaufslokal und bald stand er vor dem Inhaber des Geschäftes, den diesmal statt Lodenmantel und Steirerhut, Handwerkerschurz und Hauskappe kleideten und dessen Werken darin bestand, daß er die gedruckten Blätter schlichtete und zu einem Bande vereinigte, welcher Tätigkeit Peterl seine Aufmerksamkeit widmete. Der gute Alte verwies seinen Kunden auf einen Kasten, durch dessen Glastüren er eine Menge Bücher sah, die teilweise schon abgegriffen und vergilbt waren und Eselsohren aufwiesen. Nun erfuhr er, daß hier auch eine Leihbibliothek zu finden sei und daß man um weniges Geld Bücher entlehnen könne. Niemand machte nunmehr hievon regeren Gebrauch als unser Alpenjunge, der sich mit Kindberg bald einen Pendelverkehr einrichtete und in einem blauen Tücherl den Transport der Schriften von und zu seiner Heimstatt bewerkstelligte. Stundenlang hielt sich der Leser oft im Geschäfte auf, um das Richtige herauszufinden, denn die Wahl fiel ihm gar schwer. Am liebsten hätte er den ganzen Bücherstand in seine Bauernstube mitgenommen. Und wenn dem guten Alten der Geduldsfaden riß, dann zog er sich, den Jungen allein lassend, zurück und klagte den Seinen: „Jetzt ist der Bub vom Alpl schon wieder da und geht nicht weiter.“


Peterl und Büchermann knoteten aber ein Freundschaftsband, das immer fester wurde und als der Waldbauernbub schon ein berühmter Dichter geworden, erinnerte er sich gern des guten Alten, bei dessen Tod er klagte: „Ach hätte ich doch ein Stückchen des Lodenmantels ---!“

 

Längst haben „Büchermann“ und Waldpoet ihr müdes Haupt zur letzten Ruhe niedergelegt und Kindberg beherbergt ein neues Geschlecht. In dem Kaufladen des „Büchermanns“ bewegt sich ein neuer Kundenkreis und kauft dort neben den Geschichtenbüchern und Volkskalendern nun mit Vorliebe auch die Werke des heimischen Waldpoeten, der seinem Volke zum Gedenken ins Stammbuch schrieb:

 

„Ein Blättchen Papier kann älter werden
Als der älteste Mensch auf Erden
Was flüchtig du schreibst im flüchtigen Leben
Wird einst von dir einziges Zeugnis geben!!“

Buchhandlung Hauser, Kindberg
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